11.10.2025 Der Medizinische Dienst Berlin-Brandenburg hat sich darüber geäußert, wie über Kostenanträge für geschlechtsangleichende Maßnahmen entschieden wird:
„Um Sie in Kenntnis zu setzen, schreibe ich Ihnen einfach in dieser E-Mail, wie die aktuelle Situation für die MD-Gemeinschaft aussieht:
In den letzten Monaten haben wir uns in der MD-übergreifenden Arbeitsgruppe Transidentität und mit der Konferenz der Leitenden Ärztinnen und Ärzte der MD-Gemeinschaft zur Frage der Begutachtung bei Transidentität intensiv ausgetauscht.
Von Seiten der aktuellen Gesundheitsministerin gibt es bislang keine Hinweise, ob und wann sie das geplante Gesetzesvorhaben zur Behandlung transidentitärer/non-binärer Menschen auf den Weg bringen möchte.
Von Seiten der Institutionen im Gemeinsamen Bundesausschusses (GKV-Spitzenverband, KBV, DKG, Bundesärztekammer, Bundespsychotherapeutenkammer) gibt es ebenfalls keine Anstalten, eine Behandlungsempfehlung auf den Weg zu bringen.
Wir haben also aktuell auf unabsehbare Zeit die Situation, dass für die Kostenübernahme der Krankenkassen bei Transidentität keine sozialrechtliche Grundlage existiert und somit die Kassen nur nach der leistungsrechtlichen Vorgabe des „Vertrauensschutzes“ Leistungen auf Grundlage der bisherigen Begutachtungsanleitung erbringen können.
Die Konferenz der Leitendenden Ärztinnen und Ärzte der MD-Gemeinschaft (unser höchstes Beschlussgremium) hat daher beschlossen, dass wir unsere Begutachtung in Zukunft an die rechtliche Lage anpassen sollen. In unserem MD sind wir gerade in der Abstimmung, wie wir unsere Formulierungen anpassen. Wir werden in Zukunft auf die fehlende sozialrechtliche (BMG) und sozialmedizinische (G-BA) Grundlage hinweisen und müssen von den Kassen explizit wissen, ob sie eine Begutachtung nach BGA wünschen (für die ja keine sozialrechtliche Grundlage mehr besteht) oder eine Begutachtung im NUB/OLU-Verfahren, deren Voraussetzungen in aller Regel nicht vorliegen.“
Alexander Schmorl, MD Berlin-Brandenburg, zitiert nach GesundheitsNetzwerk Transidentität 11.10.2015
(NUB: vermutlich „Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden“ – OLU: „Off-Label-Use“)
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(2024) Leider immer noch aktuell:
Der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenkassen) Berlin-Brandenburg wendet noch die S3-Richtlinie Version 7 an. (Die wurde im Oktober 2018 veröffentlicht.) Die Version 8 ist noch nicht angekommen. Nach der Version 8 ist z.B. für Hormontherapie keine psychotherapeutische Begleitung notwendig (und auch keine Bewilligung der Krankenkasse).
Daraus folgt: Hormontherapie oder Logopädie müssen nicht bei der Krankenkasse beantragt werden.
Bedeutet: Epilation, Logopädie, FFS (Facial Feminisation Surgery = operative Gesichtsangleichung), Adamsapfel-Reduzierung können schon nach einem halben Jahr psychotherapeutischer Begleitung beantragt werden. Minimum für Psychotherapie ist 12 Stunden oder ein halbes Jahr, aber es muss gut begründet werden, dass der Leidensdruck nur mit diesen Maßnahmen zu beheben ist. Für die Genitalangleichung gilt ein Jahr, für Brustaufbau zwei Jahre (nach Beginn der Hormontherapie). Außerdem wichtig: Die Transidentität darf nicht ein Folge von Traumatisierung, Psychose o.ä. sein, sondern muss schon vorher bestanden haben.
Wenn diese Maßnahmen am Beginn der Begleittherapie beantragt werden, können sie abgelehnt werden. Dann bitte Widerspruch einlegen und auf die S3 verweisen. Erst dann kann man auf eigene Kosten beginnen und später die Kostenerstattung einklagen.
Bitte: Niemals auf eigene Faust irgendwas beantragen, die Begleittherapie ist dazu da, die einzelnen Schritte vorzubereiten und für die vollständigen Unterlagen zu sorgen! Schlecht geplante Anträge führen zu Ablehnungen, Frust und Zeitverschwendung.
Wie geht der MDK mit Intersexualität um? Weiterhin ein Rätsel. Ich weiß von Fällen, wo IS unter „Trans“ gesegelt sind, damit die Anträge überhaupt bearbeitet werden. Der MDK meint, dass bis jetzt noch nie Intersexuelle irgendwas beantragt hätten. Kunststück. Der Gentest beim Hormonarzt soll ja auch Intersexualität ausschließen. Aber wenn der Hormonarzt lügt, um dem Patient Leiden zu ersparen, dann werden keine Intersexuellen beim MDK ankommen.
Übrigens: Wer sich beim Standesamt den „d“-Personenstand geholt hat (d=divers), hat beim MDK kein Problem. Den MDK interessiert das nicht.
Oder nicht-binär: Da scheint große Verwirrung zu herrschen. Ich habe von Fällen gehört, wo Transmänner vom MDK eigenmächtig auf F64.9 (=man weiß nicht so genau) umetikettiert und abgelehnt worden sind. Aber genau lesen: Ganz hinten im MDK-Schrieb stehen Kriterien für Transidentität, danach sind Nicht-Binäre (Diverse) richtige Transidenten, also F64.0.
Bisher auch ein Rätsel: Retransition (oder Detransition). Aus anderen Bundesländern höre ich, dass z.B. eine Jetzt-wieder-Frau mit Bart heumlaufen muss, weil der dortige MDK noch nie was von Retransition gehört hat. Stur bleiben, Widerspruch! Der Berliner MDK verspricht ordentliche Bearbeitung (wenn die eingereichten Unterlagen ordentlich sind).
Traumatisierung und Stigmatisierung